Esraj Geschichte Teil 5

Wir sind zwei hoffnungslose Optimisten. Als Überraschung für Sri Chinmoy wollten wir die Esraj zwei Wochen vor dem versprochenen Termin fertigstellen. Zuerst wollten wir die Esraj jemanden mitgeben, der Sri Chinmoy in Neuseeland treffen wird. Im allerletzten Moment wurde sogar uns klar das wir es nicht schaffen. Die Saiten waren noch nicht aufgespannt und es fehlten noch ein Haufen kleiner Details, die für den Klang wichtig sind. Glücklicherweise fanden wir heraus, dass eine Schülerin von Sri Chinmoy aus Nürnberg drei Tage später fliegt. Paah.. drei Tage, das ist ja ewig viel Zeit, dachten wir. Es entwickelte sich zu einer Dauerschicht nonstop Tag und Nacht.

Diese Zeit war sehr intensiv. Ein konstanter Energiefluß und Glückseligkeit drängte uns vorwärts. Die Esraj entwickelte sich immer weiter. Wir hatten am Anfang keinen kompletten Plan oder Zeichnung erstellt, d.h. wir wussten nicht genau wie die Esraj am Ende aussehen wird. Ihr könnt euch sicher vorstellen, wie aufgeregt wir waren, als das göttliche Instrument in unseren Händen langsam Form annahm. Wir konnten langsam nicht mehr glauben, dass wir etwas mit der Entstehung des Instrumentes zu tun hatten. Wir fühlten uns wie ein Instrument einer höheren Kraft, privilegiert in diesem wunderschönen Spiel teilhaben zu dürfen.

Dann kam der große Moment den ersten Test durchzuführen. Wir spannten die 4 Hauptsaiten auf und spielten den ersten Ton! Es war jenseits aller Beschreibungen. Innerlich wurde ein großes Fest gefeiert. Wir hatten das Gefühl die Seele des Instrumentes ist gerade in ihren Körper eingetreten. Wir trauten unseren Ohren nicht, der Klang war so warm und lieblich, bereits nur mit den vier Hauptsaiten, es fehlten noch alle 23 Resonanzsaiten!

Wir mussten die Hauptsaiten wieder herunternehmen und in sehr kurzer Zeit vervollständigten wir die Brücke und ein paar weitere Details. Es war bereits höchste Zeit zum Nürnberg Flughafen zu fahren. Wir packten ein paar wichtige Werkzeuge zusammen und fuhren los. Wir mussten immer noch alle 27 Saiten aufspannen. Das lässt sich sehr leicht im Auto auf der Rückbank erledigen - dachten wir.

Im Auto mussten wir uns auch noch für die Brücke entscheiden, entweder eine traditionelle Bauweise aus Knochen oder aus Ahornholz. Wir konnten im unruhigen Auto nicht wirklich einen Unterschied hören, entschieden uns aber für die Ahorn-Brücke. Nach unserem Gefühl hatte sie einen lieblicheren Klang.

Es war eine sehr schwierige Aufgabe im schlecht beleuchteten und wackeligem Rücksitz die Saiten unter den Bünden durchzufädeln und aufzuspannen. Als wir am Flughafen ankamen, hatte Pramodan gerade mal 5 Saiten aufgespannt. 22 fehlten noch, so mussten wir unserer Bekannten mitteilen, dass wir es nicht geschafft haben.

Aber nein! Sie erzählte uns, dass sie einen 5 stündigen Zwischenstopp in Frankfurt hat. 22 Saiten während ca. drei Stunden Fahrt von Nürnberg nach Frankfurt aufzuspannen, das sollte wirklich kein Problem sein - dachten wir. Nach zwei Stunden entspanntem Fahren und intensiven arbeiten von Pramodan klingelte mein Handy, klingeling, klingeling ...