Esraj Geschichte Teil 7

Es ist nicht gerade einfach ein gutes Ziegenfell zu bekommen und ich gebe zu, dass ich nicht begeistert war die ganze Fellaufspann-Prozedur zu wiederholen. Sri Chinmoy wollte, dass ich dem Zoll das Fell gebe, so dass die Esraj nach Australien "einreisen" konnte. Aber ich hoffte immer noch die "Haut zu retten". Ich erzählte ihnen, dass die Haut vorschriftsmäßig mit Chemikalien behandelt wurde. Sie holten ein dickes Buch und zeigten mir alle Behandlungsmethoden, die als sicher gelten. Sie glaubten mir, aber sie wollten ein schriftliches Zertifikat der Behandlung vorher geben sie die Esraj nicht frei. Ich dachte vielleicht könnten mir unsere Freunde vom Gandharva Loka, einem Musik Geschäft in Deutschland so eine Bestätigung ausstellen und faxen. Aber es war Sonntag und Sri Chinmoy sagte: "Tue es heute!"

Beim Weiterlesen werdet ihr feststellen, dass mein Meister vollkommen Recht hatte. Dadurch dass er mir gesagt hat: "Gib ihnen die Haut", hat er die Qualität des Instrumentes um ein vielfaches verbessert.

Nun in diesem Moment wollte ich irgendwie trickreich die Haut retten – nur es funktionierte einfach nicht. So fragte ich die zwei Zollbeamtinnen: "War wäre, wenn ich die Haut entferne?" Sie waren etwas erstaunt: "Sie wollen die Haut entfernen? Müssen Sie die Haut nicht zerstören um sie zu entfernen?".

Nach all den Regeln und Vorschriften kam ihr verstecktes Mitleid zum Vorschein. Das Menschliche in mir witterte eine weitere Chance, aber das Göttliche in mir bekam neue Stärke und ich sagte: "Ja!". Sie antworteten: "Unter diesen Umständen könnten Sie das Instrument mit nach Australien nehmen. Wollen Sie es wirklich machen?". "Ja" antwortete ich.

Sie brachten die Esraj und alle kamen mir zu zusehen. Es waren fünf bis sechs Beamte. Sie schauten alle auf das schöne Instrument und beobachten mich, wie ich das Messer zückte, die Saiten entspannte und dann in die Haut schnitt. Ich schnitt und schabte die Haut vom Instrument. Ich brauchte ungefähr eine halbe Stunde. Ich war sehr konzentriert, ruhig und ernst. Ich fühlte mich ein wenig heldenhaft, so als wenn gerade Geschichte geschrieben wird. Auf Sri Chinmoys Ersuchen zerstörte ich das Instrument, dass wir ihm in fünf Wochen harter Arbeit gebaut haben.

Als ich fertig war, durfte ich die Zollbehörde mit der Esraj verlassen. Meine Gefühle wandelten sich in das Gegenteil. Ich lief zum Bus und plötzlich fühlte ich mich unbeschreiblich traurig. Als ich im Bus sitze, konnte ich meine Tränen nicht länger zurückhalten. Bevor ich nach Australien geflogen bin, haben wir Nonstop für drei Tage und zwei Nächte gearbeitet. Es war ein Wettlauf mit der Zeit. Wir waren so glücklich mit dem Instrument und dem Klang. Und jetzt, kurz vor der Ziellinie bricht uns jemand die Beine.

Ich erreichte den Hotelkomplex den schweren Instrumentenkoffer tragend. Gerade als ich den Eingang erreiche, fährt ein Auto vorbei. Sri Chinmoy sitzt auf der Beifahrerseite und winkt mich herüber. Sofort war ich getröstet und alle meine traurigen Gefühle waren wie weggewaschen. Sehr nett frage er mich, ob er sie sehen könne. Ich öffnete den Koffer und zeigte ihm die Esraj. Sri Chinmoy legte seine Hand auf das Instrument und berührte die Saiten. Dann fragte er: "Habt ihr auch einen Bogen dabei?". Ich zeigte ihm den Bogen. Er war sehr glücklich und lächelte mich an.