Esraj Geschichte Teil 2

Am nächsten Tag mussten wir wieder abreisen. Wir waren nur ungefähr fünf Tage in New York. Da es keine Gelegenheit gab Sri Chinmoy am Abreisetag nochmals zu sehen, entschieden wir uns zu packen und noch Mittagessen zu gehen. Wir kamen vom Essen zurück und wollten uns gerade ein Taxi bestellen, als Minati anrief: "Sri Chinmoy fragt wann müsst ihr abfahren?". Wir sagten ihr, dass wir in ca. 15 Minuten zum Flughafen müssen. "Wartet einen Moment" sagte sie und legte auf. Zwei Minuten später rief sie wieder an: "Bitte kommt sofort zu Sri Chinmoys Haus, er erwartet euch". Voller Vorfreude eilten wir los zu Sri Chinmoys Haus.

Mhh, aber wo ist es genau? Wir waren nur ein paar Mal dort, wenn Sri Chinmoy Prasad (gesegnete Nahrung) an alle besuchenden Schüler ausgegeben hat. Wir standen dann in einer langen Schlange und es war am Abend. Jetzt ist es heller Tag, niemand sonst sichtbar und wir hatten wenig Zeit. Letztlich fanden wir die richtige Strasse. Als wir eintraten, zogen wir unsere Schuhe aus und mussten noch einen kurzen Moment am Seiteneingang warten. Dann durften wir Sri Chinmoy in seinem Meditationsraum sehen. Er saß in seinem Sessel und gab jedem von uns mit einem intensiven Lächeln eine große Trophäe und einen Umschlag. Er sprach nichts. Es war so ein kraftvoller Moment. Wir konnten das weite Dankbarkeits-Herz unseres Meisters fühlen. Es war einzigartig. Dann war es höchste Zeit zum Flughafen aufzubrechen. Auf dem Weg zurück zu unserer Unterkunft schauten wir schnell in die Umschläge. Auf jedem Umschlag hat Sri Chinmoy unsere Namen geschrieben und ein paar schöne Vögel gemalt.

Wir hatten nie erwartet Geld von Sri Chinmoy zu bekommen. Wir sind jedes Mal dankbar, wenn wir etwas für ihn bauen können. Sri Chinmoy überflutet uns mit seinem Frieden, seiner Freude und Liebe. Deshalb sind wir mehr als dankbar, wenn wir wenigstens etwas kleines als Gegenleistung anbieten können. Der Meister weiß jedoch immer was richtig ist, und so fanden wir Geld in den Umschlägen. Später wurde uns klar, dass wir das Projekt ohne das Geld niemals so schnell hätten fertig stellen können. Wir hätten zu viel auf unseren Einkaufstrips gezögert, und das Einkaufen ist unglücklicherweise sehr zeitaufwendig - vor allem bei einem neuen Projekt, wo man noch nicht genau weiß, was man eigentlich kaufen muss.

Zurück in Deutschland und nach all diesen Erfahrung war uns klar, dass Sri Chinmoy nur mit einem richtigen Meisterstück einer Esraj zufrieden sein wird. Im Sommer hatte Sri Chinmoy eine grosse Vielzahl von Esrajen getestet, aber er war mit keiner so richtig glücklich. Diese Instrumente waren natürlich alle von professionellen Instrumentenbauern. Wie viele Instrumente haben sie vorher gebaut, bis sie ein wirklich gutes gebaut haben? Wir wussten es nicht; wir wussten nur, dass unseres gleich perfekt sein musste. Das schien natürlich absolut unmöglich.

Wir wussten nur folgendes: wir haben fünf Wochen Zeit, keine Werkzeuge, kein Holz und keine Erfahrung!

Wir waren total hilflos aber voller Zuversicht. Vielleicht führte diese Kombination dazu, dass Gottes Gnade herab kam und das Wunder begann.

Zuerst das Holz. Nach vielen erfolglosen Versuchen hoch qualitatives Tonholz von lokalen Holzlieferanten zu bekommen, bekamen wir einen Tipp von einem Geigenbauer. Wir kannten ihn, weil seine Werkstatt direkt neben unserem Meditationszentrum in Augsburg ist. Er erzählte uns, dass Mittenwald, ein Dorf in den Alpen, berühmt für ihr exzellentes Tonholz ist. Ein paar Tage später fuhren wir nach Mittenwald um Holz zu kaufen. Wir hatten Glück den Besitzer einer grossen Tonholz Firma zu treffen. Er war sehr nett und hilfsbereit. Er nahm sich viel Zeit für uns und führte uns in die gesamte Welt der Tonhölzer ein. Später fanden wir heraus, dass er ein Großhändler ist und Tonholz für Geigen und Cello in die gesamte Welt exportiert. Wir hatten Glück, dass wir bei ihm kaufen konnten. Wir brauchten für die Esraj Ahornholzbretter mit mindestens 1 Meter Länge. Bretter sind im Geigen- und Cellobau eigentlich nicht üblich, das Holz ist keilförmig geschnitten. Der Besitzer zeigte uns einen riesigen Stapel Holz genau in der Art geschnitten, wie wir es benötigten. Er sagte: "Tonholz so geschnitten bekommen Sie sonst nirgendwo". Er schneidet es nur so, weil er einen großen Kunden in Taiwan hat, der es so benötigt.